Was kann die Psyche krank machen?

Unsere Psyche setzt sich aus unseren Gefühlen, Gedanken und Wahrnehmungen zusammen – und sie reagiert auf unsere Umwelt. Einen großen Einfluss hat auch unsere körperliche Gesundheit: Ob wir genug Schlaf haben, wie wir uns ernähren, aber auch unsere Hormone beeinflussen unsere Psyche, genauso wie Schmerzen, chronische Erkrankungen oder wenn wir uns körperlich unwohl fühlen. Das gesamte „Ich“ hat also unsere Psyche geprägt und bestimmt auch in diesem Moment, wie es ihr geht.
Es gibt also viele Dinge, die auch zur Belastung für unsere Psyche werden können. Welche Belastung für wen wie schlimm ist, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Es kann aber helfen, sich über mögliche Faktoren, die zur Belastung werden können, zu informieren – damit du dich und die Menschen, die dir wichtig sind, besser davor schützen kannst, dass die Psyche durch sie zu sehr belastet wird. 

Was kann die Psyche krank machen?

Große Belastungen für die Psyche können Erlebnisse sein, die das Leben der betroffenen Person plötzlich verändern – der Verlust einer wichtigen Person, angsteinflößende Situationen oder solche, in denen sie physisch oder psychisch verletzt wird. Man spricht dann von einem traumatischen Erlebnis oder Trauma. Viele Betroffene merken erst viel später, dass dieses Trauma sie belastet. Das kann daran liegen, dass sie das Erlebte zunächst verdrängt haben – was eine völlig natürliche Eigenschaft von uns Menschen ist. Dann „funktionieren“ die Menschen im Alltag wie gewohnt weiter, sodass weder sie noch ihre Umgebung bemerken, dass das traumatische Erlebnis sie stark belastet und beeinflusst. Trotzdem machen sich die Folgen bemerkbar: Die betroffene Person leidet unter Schlafstörungen, hat Angst vor Dingen oder Orten, die Erinnerungen an das Erlebte hervorrufen oder sie entwickelt eine psychische Erkrankung. Die Bewältigung eines Traumas ist wichtig und möglich, muss aber unbedingt von einer professionellen Person – wie einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten – begleitet werden.

Auch länger anhaltende Umstände, die sich vielleicht schleichend in das Leben der betroffenen Person eingefügt haben, können eine große Belastung für die Psyche sein. Stress, Konflikte mit anderen Personen – meistens aus dem persönlichen Umfeld – oder Unzufriedenheit mit sich selbst sind Beispiele dafür. Und manchmal merken wir gar nicht, wie sehr sie uns in Wirklichkeit belasten und dass wir etwas dagegen tun müssen.
Bei diesen alltäglichen Belastungen haben Betroffene oft das Gefühl, dass sie selbst schuld daran sind, und entsprechend auch selbst verantwortlich dafür sein müssen, diese Umstände in den Griff zu kriegen. Das stimmt aber nicht! Denn auch hier spielt unsere Umgebung eine sehr große Rolle: unsere Mitmenschen, die Lebensumstände – also zum Beispiel, ob wir einen Rückzugsort für uns allein haben – und die Gesellschaft, in der wir leben.

Stress ist beispielsweise eine Belastung, die sehr starken Einfluss auf uns haben kann, ohne dass wir es merken. Stress an sich ist nicht immer schlimm: Wenn wir in den richtigen Situationen und für kurze Dauer Stress empfinden, dann kann dadurch unsere Leistungsfähigkeit gesteigert werden. Bestimmt kennst du einen „Tunnelblick“, bei dem du alles um dich herum vergisst, weil du dich gerade auf eine wichtige Aufgabe konzentrierst – zum Beispiel bei einer Prüfung. Dann leistet der Stress in dieser Situation gute Arbeit: Das Hormon Cortisol wird ausgeschüttet, was dazu führt, dass für eine bestimmte Zeit dein Kreislauf auf Hochtouren läuft und du für deine Aufgabe möglichst viel Energie zur Verfügung hast. Wichtig dabei ist aber, dass du nach dieser Aufgabe wieder zur Ruhe kommen kannst und dein Stresslevel sinkt – und somit auch die Menge an Cortisol, die ausgeschüttet wird. Bei andauerndem oder täglichem Stress passiert dieses Herunterfahren aber nicht, was dafür sorgt, dass der Körper dauerhaft in Alarmbereitschaft ist und dadurch nicht zur Ruhe kommen kann. Das kann dann zu einem Punkt führen, an dem plötzlich nichts mehr geht. Du kennst dieses Phänomen vielleicht unter dem Namen „Burnout“. Aber auch andere psychische Erkrankungen können durch dauerhaften Stress ausgelöst werden.

Stress empfinden können wir übrigens auch, obwohl wir gerade gar nicht viele Aufgaben erledigen müssen oder unsere Lebensumstände uns nicht anstrengend erscheinen. Konflikte mit uns selbst – wie zum Beispiel die Frage, was wir in Zukunft machen möchten oder das schlechte Gewissen, weil wir unmotiviert sind – oder mit anderen Menschen führen nämlich auch zu Stress. Dann spüren wir die innere Unruhe, wie wir sie von einer Prüfungssituation kennen, selbst in ruhigen Momenten.
Was uns stresst und was nicht, ist also von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Dabei kommt es oft darauf an, wie wichtig uns eine Sache ist und welche Erwartung wir an uns selbst, an andere und an spezielle Situationen haben. Wenn du zum Beispiel erwartest, dass dein Urlaub in diesem Jahr besonders toll wird, dann löst jede Situation in diesem Urlaub, die nicht perfekt ist und deinen Erwartungen entspricht, Stress in dir aus. Deine Begleitung, die vielleicht ohne große Erwartungen in diesen Urlaub gestartet ist, wird von diesen Situationen viel weniger enttäuscht und empfindet entsprechend weniger Stress. Das bedeutet nicht, dass du keine großen Erwartungen mehr haben sollst, sondern es ist wichtig, dass du realistische Ziele setzt und dir bewusst ist, dass du deinem eigenen Stress vorbeugen kannst.

Viele Dinge können wir selbst nicht beeinflussen – was wir in der Vergangenheit erlebt haben, wie unsere täglichen Lebensumstände sind, ob wir eine körperliche Erkrankung haben. Die Antworten auf diese Fragen sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich, und aufgrund unserer Lebensgeschichte können wir auch nichts dafür, wenn unsere Psyche immer sensibler wird oder erkrankt.
Wir können aber lernen, auf Warnzeichen zu achten, unserer Psyche mehr Aufmerksamkeit zu widmen und unsere Widerstandskraft zu stärken.

de_DEDE